Artikel: Erfahrungen mit der Leihwerte-Ermittlung in einem Berliner Pfandhaus 2021-09-21T18:18:18+02:00

Erfahrungen mit der Leihwerte-Ermittlung in einem Berliner Pfandhaus

Es war ein schöner, sonniger Maitag und ich fuhr von Falkensee nach Berlin. In einem alten Fotokoffer hatte ich zuvor eine Handvoll Wertsachen eingepackt. Unter anderem ein paar Schmuckstücke aus Familienbesitz und eine Rolex-Uhr, die ich erst ein paar Monate zuvor erstanden hatte. Mit dem Gang zum Pfandhaus hatte ich prinzipiell kein Problem.

Vor ein paar Jahren suchte ich zum ersten Mal ein Pfandleihhaus auf. Damals mit der festen Absicht etwas zu versilbern, was ich garantiert nicht mehr zurück haben wollte: Nämlich den einstigen Verlobungsring einer längst verflossenen, unglücklich gestrandeten Liebschaft. Den Pfandschein würde ich nicht aufbewahren, schwor ich mir. Und so kam es dann auch. Zwar stellten die seinerzeit erzielten 50 Euro nicht einmal einen annähernden Wert dessen dar, was ich einst für den Platinring bei einem Juwelier bezahlt hatte, doch immerhin war die Verflossen somit auch auf diese Weise symbolisch ade.

Bekanntlich leiden besonders Freiberufler und Selbständige oft unter den restriktiven Kreditvergaberegeln von Banken und Sparkassen. Da kann die Kreditanfrage schnell zu einem Spießrutenlauf werden. Ein paar Überziehungstage zuviel, eine Kontosperrung oder gar Kontopfändung – und schon befindet man sich im stetig zunehmenden Kreis der Risikokunden. Das Scoring am Boden, das Ranking im Keller, was bleibt, ist der Gang zum Pfandhaus, vorausgesetzt, man hat in guten Zeiten für solche Fälle vorgesorgt und in beleihbare Werte investiert. Den geflügelten Satz „Eine Rolex-Uhr ist auf der ganzen Welt ein anerkanntes Zahlungsmittel“ sollte ich also in der nächsten Stunde auf seinen Wahrheitsgehalt überprüfen dürfen.

Ich war also gespannt auf ein weiteres Kapitel in meiner Lebensgeschichte, dem ersten Gang zu einem Pfandleihhaus, diesmal aus purer Geldnot.

Meine Geschäfte laufen zwar prima, trotzdem war es mir nicht möglich, meine Zulieferer fristgerecht zu bezahlen. Ein Dominoeffekt, den jeder Selbständige kennt. Die Zahlungsziele pflanzen sich systematisch und in ungesunder Manier fort: Großkunden verschleppen den Rechnungsausgleich, der Mittelstand gerät in Liquiditätsengpässe, Banken und Sparkassen kneifen den Geldhahn zu und am Ende der Wertschöpfungskette ringen Freiberufler um ihre Existenz, da sie kaum in der Lage sind, ihre Investitionen über Wochen und Monate zwischen zufinanzieren.

Was bleibt, wenn man Ausschau nach einem unbürokratischen Weg der Bargeldbeschaffung hält? Ohne Bonitätsprüfung und SCHUFA-Abfrage stehen seit einigen Jahren Pfandkredite hoch im Kurs. Gerade im Mittelstand ist die Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe mittels Pfandkrediten zu einem regelrechten Trend geworden. Die Pfandleihe ist längst kein gesellschaftlicher Makel mehr. Vielmehr kann man sie als einen wirtschaftlichen Indikator deuten. So vermeldet der Zentralverband des Deutschen Pfandkreditgewerbes seit Jahren bemerkenswert steigende Nutzerzahlen.

Zurück zu meinem Erfahrungsbericht:

Das Berliner Pfandhaus erreichte ich in den Nachmittagsstunden. Reger Betrieb war vor den Geschäftsfenstern auszumachen. Diverse Schnäppchenjäger waren an diesem sonnigen Tag unterwegs. Ich schritt an ihnen vorbei und befand mich alsbald in einem bankenähnlichen Vorraum, der Besucher des Pfandhauses mit Hilfe dicker Glasscheiben von Pfandleih-Mitarbeitern trennte. Zu meiner Linken befand sich eine Frau mit Kinderwagen, ein älterer Herr verhandelte an einem der drei Schalter mit einem der Pfandbewerter.

Als ich mein Anliegen vorbrachte, wurde ich zu einer Tür verwiesen, die sich elektrisch öffnete und an der Außenseite nur einen Türknopf aufwies. Die diskrete Atmosphäre steigerte mein Wohlgefühl merklich. Der Pfandleiher nahm sich meiner Wertgegenstände an, prüfte diese auf Echtheit und ermittelte deren Leihwert. Er erkundigte sich nach meinem gewünschten Leihbetrag und schloss mit den Worten: „In Ordnung!“.

Zweifel kamen in mir auf, ob ich den Leihwert hätte höher taxieren sollen. Doch schließlich war ich froh über den nun verfügbaren Pfandkredit in Höhe von 3.000 Euro. Einige Pfandleihhäuser haben sich auf Waffen und Kfz spezialisiert. Harleys, Konzertflügel und selbst Oscar-Figuren würden inzwischen als Wertgegenstände aufgetischt hörte ich.

Das Gros der Pfandleihgegenstände bilden jedoch Schmuckstücke, Kunstgegenstände und Uhren. Technisches Equipment erzielt zumeist einen vergleichsweise geringen Pfandkreditbetrag. Traurig stimmte mich, dass ich dennoch einen Blue-Ray-Player, eine Bose-Stereoanlage und diverse Spielekonsolen in den Auslagen erspähte.

Der Pfandleihwert beträgt etwa die Hälfte des Verkaufswertes. Wohlgemerkt des aktuellen, am Markt zu erzielenden Verkaufswertes. Das hat zunächst einmal recht wenig mit dem Anschaffungswert oder dem empfohlenen Verkaufspreis eines Wertgegenstands zu tun. Im meinem Fall, im Fall einer Rolex-Uhr, hatte ich in der Tat das Glück, dass der Verkaufswert weitgehend beständig bleibt. Die Beleihung einer Rolex-Uhr wirft also immer noch eine beachtliche Pfandkreditsumme auf.

Wieder schossen mir die armen Leute in den Kopf, die einst für ihre Bang-und-Olufsen-Anlage ein Vermögen ausgaben und sich nun mit einem relativ geringen Pfandkreditbetrag konfrontiert sehen.

Überhaupt ist der Pfandkredit bestenfalls als ein vergleichsweise unbürokratischer Übergangskredit anzusehen. Der effektive Jahreszins kann bei der Beleihung von Wertgegenständen in einem Pfandleihhaus bis zu 40 Prozent betragen. Ganz abzusehen von den Risiken, die sich mit der Aufnahme eines Pfandkredits verbinden. Trotz guten Willens gelingt es vielen Kreditnehmern nämlich nicht, das beliehene Pfand wieder auszulösen, sprich den Beleihungswert plus anfallende Zinsen und Verwaltungsgebühren zurückzuzahlen.

Dann gelangen diese Wertgegenstände in eine öffentliche Versteigerung und sind für den ursprünglichen Besitzer verloren. Das ist bei Mainstream-Produkten (Luxus-Artikeln wie Rolex, Bang und Olufsen und Co.) halbwegs zu verschmerzen, bei unwiederbringlichen Familien-Erbstücken ist der Gang zum Pfandleihhaus vorher gut abzuwägen.

Nachdem ich das Pfandleihhaus in Berlin verließ, führte mich mein Weg in die benachbarte Sparkassen-Filiale. Dort legte ich dem Bankangestellten das Geld auf dem Tisch und bat um die Bareinzahlung auf mein Geschäftskonto. Er zählte das Geld vor meinen Augen und sagte: „Bei ihnen laufen wenigstens noch die Geschäfte…“. Ich sagte: „Wenn Sie wüssten, wo ich gerade war!?“

Mein persönliches Fazit

Als Freiberufler hat mich der Gang zu einem Pfandhaus emotional nicht sonderlich aus der Bahn geworfen. Die termingerechte Bezahlung beauftragter Freelancer ist mir wichtig genug. Angenehm überrascht war ich von der unbürokratischen Abwicklung und der diskreten Abwicklung in einem Berliner Pfandbüro. Der Schätzwert wurde innerhalb von wenigen Minuten ermittelt. Das Bargeld hielt ich nach einer knappen Viertelstunde in den Händen. Meine Wertsachen werde ich innerhalb von drei Monaten wieder auslösen.

Zur mittelfristigen Überbrückung von Liquiditätsengpässen erscheint mir der Gang zu einem Pfandleiher allerdings als zu risikoreich und zu teuer. Diesbezüglich erscheint mir die Aufnahme eines günstigen Ratenkredits sinnvoller. Ratenkredite erfordern zugegebenermaßen mehr Formalitäten (z. B. PostIndent-Verfahren), zahlen sich allerdings in der Risikobewertung und in den gebotenen Konditionen mittelfristig aus.

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